Wir werden tagtäglich von Informationen und Werbebotschaften bombardiert. Eine der größten Herausforderungen im Marketing ist es deshalb, bei Kunden im Gedächtnis zu bleiben. Eine vielversprechende Möglichkeit dafür ist der Primacy-Effekt.
Was der „Effekt des ersten Eindrucks“ bewirkt, wie damit deine Verkaufszahlen steigerst, und warum du auch den verwandten „Recency-Effekt“ berücksichtigen solltest, erfährst du in diesem Beitrag.
Was ist der Primacy-Effekt?
Der Primacy-Effekt (deutsch: Primäreffekt oder auch Erster-Effekt) beschreibt das Phänomen, dass sich Menschen an die ersten Informationen besser erinnern als an später eingehende Informationen.
Dieses Phänomen aus der Kognitionspsychologie tritt auf, weil die erste Information besser im Langzeitgedächtnis einer Person gespeichert wird als die folgenden.
„Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance“ – diesen Spruch hast du sicherlich schon häufig gehört. Dass dieser erste Eindruck besonders lange haften bleibt, liegt am Primacy-Effekt.
In der Regel entscheiden wir innerhalb von Sekundenbruchteilen, ob wir jemanden sympathisch finden und ihm weitere Aufmerksamkeit schenken oder ob wir uns abwenden.
Erste Studie dazu im Jahr 1946
Im Jahr 1946 führte der US-amerikanische Psychologe Solomon Asch eine Studie durch, wo sich Teilnehmer eine Liste von Adjektiven zur Beschreibung einer Person anhörten.
Die Adjektive waren stets die gleichen, lediglich die Reihenfolge wurde verändert.
- neidisch, stur, kritisch, impulsiv, fleißig und intelligent
- intelligent, fleißig, impulsiv, kritisch, stur und neidisch
Die zweite Gruppe bildete sich ein positiveres Gesamturteil als diejenigen, die das negative Adjektiv zuerst gehört hatten.
Diese Studie wies den Primacy-Effekt erstmals empirisch nach. Weitere Psychologen wie Bennet Murdock Jr. sowie Murray Glanzer und Anita Cunitz führten ähnliche Experimente für den Beweis des Primacy-Effekts durch.
Primacy-Effekt führt zu kognitiver Verzerrung
Der Primacy-Effekt sorgt dafür, dass der erste Eindruck über Personen oder Objekte die später eintreffenden Informationen beeinflusst.
Haben wir einen guten ersten Eindruck, bewerten daraufhin negative Informationen nicht mehr als so schlimm. Ist der erste Eindruck hingegen schlecht gewesen, werten wir spätere Informationen ab.
In beiden Fällen kann dieses Gedächtnisphänomen zu einem Bewertungsfehler führen.
Eng verwandt: der Recency-Effekt
Der Recency-Effekt (auf deutsch: Rezenzeffekt) ist eng verwandt mit dem Primäreffekt und wird oft in einem Atemzug genannt.
Dabei handelt es sich um den Gegenspieler des Primacy-Effekts. Nach dem Motto „Der letzte Eindruck bleibt“ bewerten wir die zuletzt eingetroffenen Informationen stärker als Vorheriges.
Die letzte Erinnerung an Objekte und Personen können nicht von folgenden Informationen überschrieben werden und bleiben uns stärker im Gedächtnis.
Die Kombination daraus: Der Primacy-Recency-Effekt
Die beiden Effekte können entweder einzeln und unabhängig voneinander auftreten oder gemeinsam.
Vermutlich erinnerst du dich noch an deinen ersten Schultag. Es war ein aufregender Tag und für dich hat ein neuer Lebensabschnitt begonnen. Erinnerst du dich an deinen zweiten Schultag? Sofern nichts sehr Außergewöhnliches passiert ist, wahrscheinlich nicht, oder? Auch an deinen letzten Schultag dürfte die Erinnerung noch ganz gut sein. Du erinnerst dich bestimmt an das Gefühl der Erleichterung und der Freiheit.
Die Kombination der beiden Gedächtnisphänomene nennt man auch Primacy-Recency-Effekt.
Meistens bleiben uns Menschen die erste und letzte Information besser im Gedächtnis. Das Ganze kann man sich wie eine U-Kurve vorstellen. Alles, was in der Mitte kommt, merken wir uns meistens deutlich schlechter als die Informationen vom Anfang und Ende.
Beispiele für den Primacy- und Recency-Effekt
Im Alltag lassen sich viele Beispiele für den Primacy-Recency-Effekt finden.
Du erinnerst dich wahrscheinlich nicht nur an den ersten Schultag sehr gut, sondern auch an deinen ersten Kuss, deinen ersten Job oder deine erste eigene Wohnung.
Auch für den Primacy-Recency-Effekt finden sich eine Reihe von Beispielen. So gilt es als erwiesen, dass beim Vorsprechen oder Vorspielen für eine Rolle oder einen Platz im Orchester die erste und letzte Darbietung eine bessere Chance zu gewinnen haben.
In der Printwerbung führt der Primacy-Recency-Effekt dazu, dass die ersten und letzten Seiten eines Magazins besonders stark in Erinnerung bleiben. Aus diesem Grund sind diese Platzierungen für Werbekunden auch am teuersten oder es werden dort die wichtigsten Informationen platziert.
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65+ erfolgreich betreute Kunden
So kannst du den Primacy-Effekt für dein Marketing nutzen
Der Primacy-Effekt gehört den wichtigsten Instrumenten im Marketing. Kein Wunder, denn kaum ein psychologischer Kniff lässt sich so einfach implementieren.
Während andere Behavior Patterns wie „Illusion of Control“ oder „Joy and Fun (Gamification)“ durchaus etwas Gehirnschmalz benötigen, ist der Primacy-Effekt relativ einfach in der Anwendung.
Hier findest du ein paar Beispiele, wie du dein Marketing mit dem Primacy-Effekt verbesserst und in der Folge mehr Kunden gewinnst.
Starte mit deiner wichtigsten Botschaft
Egal, ob du einen Vortrag machst, ein Video aufnimmst, um deine Produkte vorzustellen, oder einen Text über die Artikel in deinem Onlineshop schreibst:
Du solltest mit deiner wichtigsten Botschaft oder deinem stärksten Argument starten, da dies stärker im Gedächtnis bleibt als die darauffolgenden Infos. Um gleichzeitig den Recency-Effekt zu nutzen, kannst du auch am Ende des Vortrages oder deiner Seite noch einmal ein starkes Argument platzieren. Zu diesen beiden Zeitpunkten ist die Informationsaufnahme einer typischen Person am besten und hat es besteht die größte Chance, dass die Infos ins Langzeitgedächtnis wandern.
Neben dem Umstand, dass deine wichtigsten Fakten so besser im Gedächtnis bleiben, erzielt das in Vorträgen oder Videos eine zusätzliche Wirkung: Wenn dich deine Kunden langsam kennen und wissen, dass du gegen Ende noch einmal eine wichtige Information erwähnst, bleiben sie möglicherweise aufmerksamer und schweifen nicht so leicht mit ihren Gedanken ab.
Mache deine Kern-Message auf deiner Website sofort klar
Besucht ein Nutzer deine Website, sollte in wenigen Sekunden klar sein, welchen Nutzen er von deinen Produkten oder deinem Service hat. Das verhindert nicht nur, dass der Besucher abspringt, sondern vermittelt einen guten ersten Eindruck.
Auch ein gutes und stimmiges Design, das zum Produkt oder zur Dienstleistung passt, trägt stark zu einem positiven ersten Eindruck bei. Ist die Optik der Seite ansprechend, kommt es sogar oft zum sogenannten Halo-Effekt. Eine gute visuelle Gestaltung der Seite strahlt dann auf andere Faktoren ab und Kunden haben möglicherweise sofort einen positiven Gesamteindruck von deinem Angebot.
Aus diesem Grund solltest du dem Design deiner Website und auch deinen Produktfotos einen großen Stellenwert einräumen.
Sortiere deine Liste richtig
Viele Webseiten verwenden Bullet Points, um USPs eines Angebots übersichtlich darzustellen. Wusstest du, dass die Reihenfolge dieser Verkaufsargumente eine Rolle spielen kann?
Mit dem Wissen um den Primacy-Effekt solltest du dein stärkstes Argument stets an der ersten Position platzieren.
Kombiniere Primacy- und Recency-Effekt für eine optimale Wirkung
Welches Phänomen hat nun einen größeren Einfluss auf das Unterbewusstsein des Kunden? Das kommt ganz auf die Situationen und die Person an. Manchmal überstrahlt ein starkes Schlusswort den ganzen Vortrag, während in einer anderen Situation das erste Argument so gewichtig ist, dass der Kunde fast schon überzeugt ist.
Die meisten Psychologen sind der Meinung, dass der Primacy-Effekt etwas stärker als der Recency-Effekt ist. Die besten Ergebnisse erzielst du, wenn du beide Effekte kombinierst.
Bau zum Beispiel nicht nur am Anfang deiner Liste ein starkes Argument ein, sondern auch an der letzten Position.
Primacy-Recency-Effekt im Pre- und Aftersales
Der Primacy-Recency-Effekt entfaltet im Vertrieb und Marketing eine starke Wirkung. Im Presales („Vorverkauf“), das alle Maßnahmen vor dem eigentlichen Verkauf umfasst, kannst du mit einem guten ersten Eindruck bereits den Grundstein für einen erfolgreichen Vertrieb legen.
Achte darauf, dass die typischen ersten Kontaktpunkte, die eine Person mit deinem Unternehmen und deinem Angebot hat, einen positiven Eindruck hinterlassen.
Das kann folgende Punkte umfassen:
- Website
- Social-Media-Auftritte
- Werbeanzeigen
- Design und Sprache von Werbebannern und -plakaten
- Gestaltung und Einrichtung von Läden und Geschäftsgebäuden
- Sympathisches Auftreten der Mitarbeiter im Vertrieb und Marketing
Im After-Sales-Bereich kannst du den Recency-Effekt nutzen, um deine Kunden in ihrer Kaufentscheidung zu stärken. Sende nach dem Kauf eine E-Mail, in der du die Top-Punkte zu den Produkten oder Dienstleistungen zusammenfasst und dem Kunden ein gutes Gefühl gibst.
Beim Start-up loewenanteil.com wird einen Tag nach der Bestellung eine Dankeschön-Mail versendet, in welcher der soziale Aspekt des Unternehmens noch einmal hervorgehoben wird.
Weitere Möglichkeiten für den After-Sales-Bereich sind Gutscheine und spezielle Aktionen, die dein Unternehmen in ein positives Licht rücken und für einen guten „letzten Eindruck“ sorgen.
Teste deine Platzierungen regelmäßig
Welche Informationen über dein Angebot sind denn jetzt die wichtigsten und sollten als Erstes oder letztes genannt werden?
Genau das kannst du wunderbar über Tests herausfinden. Verwende eine neue Reihenfolge für deine Bullet Points oder ordne die Elemente auf deiner Produktdetailseite anders an und teste, wie sich diese Änderung auf deine Conversion-Rate auswirkt.
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Nutzt du den Primacy-Recency-Effekt in deinem Marketing? Hinterlasse uns doch gerne einen Kommentar über deine besten Techniken dazu!