Der Einsatz von Behavior Patterns im E-Commerce hat oftmals einen schwierigen Stand. Generell wird das gesamte Feld der Konsumpsychologie oder des Neuromarketings kritisch beäugt. Alles Gauklerei, Manipulation, böser Voodoo und falsch! Und ja, da ist manchmal auch etwas wahres dran, denn manche Unternehmen und Webseiten treiben den Einsatz von Behavior Patterns auf die Spitze (Nein, dich meine ich natürlich nicht, booking.com! ??).
Aber ein bedachter und sinnvoller Einsatz dieser Behavior Patterns kann sehr hilfreich im Bereich der Conversion Optimierung sein. Vor allem, wenn man die Patterns einsetzt um seine Webseite oder seine Produkte zu verbessern. Dann hat am Ende auch der Nutzer etwas davon und du als Onlineshop-Betreiber wirst mit einer besseren Conversion Rate belohnt.
In diesem Artikel möchte ich dir erklären, mit welcher Haltung du an das Thema Behavior Patterns im E-Commerce rangehen solltest, was sogenannte Dark Patterns sind, wieso du diese nicht nutzen solltest und wieso am Ende eine positive Nutzererfahrung oftmals etwas mit menschlichen Verhaltensmustern zu hat.
Kurzer Wrap-Up: Was sind Behavior Patterns?
In meinem Artikel zu 5 Behavior Patterns im Marketing, die du kennen solltest haben wir den Begriff Behavior Patterns ein wenig in den Kontext zu Konsumentenverhalten und Neuromarketing gesetzt und eingeordnet.
Behavior Patterns – auch Verhaltensmuster genannt – dienen der Beeinflussung der Wahrnehmung, Entscheidungen, Motivation oder des (Kauf-)Verhaltens von Menschen.
Durch Psychologen wie Robert Cialdini oder Daniel Kahnemann sind die Prinzipien von Behavior Patterns mittlerweile sehr gut erforscht. Durch die wissenschaftliche Untersuchung des menschlichen Verhaltens deckte die Forschung mehr und mehr Verhaltensmuster auf. In der Wissenschaft werden die Verhaltensmuster in Studien genau untersucht und auf Trigger und daraus folgende Reaktion geprüft.
Wenn du einen 624 Seiten starken Wälzer über das 2 Systeme Modell und Verhaltenspsychologie lesen willst, kann ich dir das Buch Schnelles Denken, langsames Denken von Daniel Kahnemann empfehlen!
Lerne deine Besucher besser kennen!
Mit Behavior Patterns kannst du auch im E-Commerce das Verhalten deiner Besucher beeinflussen und sie in die „richtige Richtung“ lenken. Oft helfen Behavior Patterns nicht nur deinen Besuchern, sondern auch dir selbst.
Probierst du Behavior Patterns mit Hilfe von A/B Tests aus, kannst du viel über deine Besucher und Kunden lernen!
Die Tipp-Box verrät es bereits: Mit A/B Tests und Behavior Patterns kannst du deine Besucher und Kunden besser kennen lernen und verstehen. Das eröffnet dir eine ganz neue Welt an Möglichkeiten und Synergien.
In dem oben dargestellten Beispiel gab es einen A/B Test auf sternglas.de unter dem Sticky Add-to-Cart
Button.
Die beiden Varianten unterscheiden sich bezogen auf die Hypothese und in folge dessen auch inhaltlich. Während der linke Test eine Sichere Bezahlung dank SSL-Verschlüsselung prominent unter dem Warenkorb Button präsentiert, verdeutlicht der andere Test die Zahlungsmöglichkeiten die der Kunde im Onlineshop nutzen kann.
Und die Ergebnisse?
Beide Tests schnitten besser ab als das eigentliche Original (ohne Zusatz unter dem Button). Allerdings war die Variante mit der SSL Verschlüsselung nochmal um 13,41% besser als die Variante mit den Zahlungsmöglichkeiten.
Aber die spannenden Fragen folgen erst, nachdem man sich die Ergebnisse angeschaut hat:
- Vertrauen uns Besucher nicht?
- Sind unsere Besucher sehr auf Sicherheit bedacht?
- Sind unsere Besucher vielleicht etwas älter und/oder nicht sehr online-affin und daher auch keine typischen Online-Shopper?*
- …
Durch diese Fragestellungen kommst du in eine ganz andere Denkweise und verstehst deinen Besucher anschließend etwas besser. Mit weiteren A/B Tests lassen sich auf den Fragen basierende Hypothesen dann wieder evaluieren. Vielleicht sind deine Besucher ja auch sehr auf Sicherheit bedacht und/oder haben noch ein fehlendes Vertrauen in deinen Onlineshop?
*Dieser Punkt ist natürlich sehr schwammig, aber wieviele Leute wissen eigentlich, was ein SSL-Zertifikat ist?
Dark Patterns – Die dunkle Seite
Natürlich gibt es auch Unternehmen, die Behavior Patterns „gegen“ ihre Benutzer einsetzen und so bewusst versuchen, gewisse Handlungen/Aktionen zu erzwingen, obwohl sie nicht unbedingt im Interesse der Besucher sind.
„Schöne“ Beispiele für solche Unternehmen gibt es auf der Seite Dark Patterns und in der darin liegenden Hall of Shame.
Ein spannendes Beispiel für ein Dark Pattern ist die Price Comparison Prevention
das auch auf darkpatterns.org beschrieben wird.
In Englands größter Supermarktkette Sainsbury’s kann man online einkaufen – jetzt willst du dir ein paar Äpfel bestellen und bekommst die folgenden Suchergebnisse angezeigt.
Ist das 1. Produkt ganz links das Günstigste? Oder die British Bramleys für £1.76/kg? Im ersten Paket sind 6 Äpfel enthalten, einer wiegt durchschnittlich 80g (laut Sainsbury’s). Das macht dann £2.50/kg.
Es ist extrem aufwändig Preise zu vergleichen sobald Mengenangaben vermischt werden.
Zum Glück ist mir noch kein Beispiel in Deutschland für dieses Dark Pattern aufgefallen, unter anderem dank der Grundpreisverordnung aus der Preisangabenverordnung (PAngV).
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65+ erfolgreich betreute Kunden
Behavior Patterns im E-Commerce
Verhaltensmuster (Behavior Patterns) lassen sich ohne Probleme im E-Commerce verwenden. Denn die menschliche Psychologie funktioniert im digitalen Raum punktuell anders als in der „echten Welt da draußen“ (siehe Cybermobbing von eigentlich schüchternen Personen).
Natürlich solltest du Behavior Patterns mit bedacht einsetzen und auch nicht, um deine Besucher auszutricksen. Am Ende hast du sonst nur einen enttäuschten/wütenden Kunden der dich möglicherweise mit einer Retoure, einer schlechten Bewertung und ganz viel schlechter Mundpropaganda in seinem sozialen Umfeld strafen wird.
Eines der bekanntesten Beispiele für den zu exzessiven Einsatz von Behavior Patterns ist sicherlich booking.com (Sorry!).
Ich mein: Wenn es für den Suchbegriff booking
ganz oben im chrome web store eine Erweiterung gibt, die alle „Stresssignale“ auf booking.com entfernt und dann noch +170 5-Sterne-Bewertungen hat, muss das schon was heißen. ?
Schau dir doch auch den Artikel Statistiken zur E-Commerce Conversion Rate und wie du sie optimieren kannst an!
Fazit
Behavior Patterns wie Reziprozität können auch im E-Commerce genutzt werden. Wieso auch nicht? ?
Aber du solltest bei dem Einsatz von Behavior Patterns in deinem Onlineshop auch immer an deinen Besucher denken und mit A/B Tests versuchen, mehr über deinen Besucher herauszufinden. Behavior Patterns helfen dir und deinen Besuchern, Entscheidungen mit einer gewissen Leichtigkeit zu treffen, aber auch dabei solltest du daran denken, dass Menschen nicht dumm sind.
Bei dem Behavior Pattern Scarcity kannst du dir, mit falschen Angaben, sicher auch schnell mal die Finger verbrennen (schau dir dafür den verlinkten Beitrag an).
Daher würde ich dir empfehlen:
- Setze dich mit Verhaltens- und Konsumpsychologie auseinander, probiere deine Hypothesen in A/B Tests aus und lerne mehr über deine Besucher. Mit diesem Wissen kannst du deinen Onlineshop konstant verbessern und optimieren.
- Informiere dich über Patterns und psychologische Effekte. Beispielsweise findest du hier Beitrage zum Mere-Exposure-Effekt, den Dunning-Kruger-Effekt oder den Zeigarnik-Effekt.
- Vermeide Dark Patterns! Vielleicht stehst du sonst bald als nächstes am Pranger von darkpatterns.org? Außerdem ist das deinen Besuchern gegenüber nicht wirklich fair.
- Teste, teste, teste!
- Übertreibe es nicht mit der Verwendung von Behavior Patterns (so wie booking.com)
Hast du schon Erfahrungen mit Behavior Patterns im E-Commerce gemacht? Lass es mich gerne wissen und schreib es in die Kommentare! ?